Willkommen bei der «Eintracht»

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Interview mit Reto Aeppli – Walliseller Jubiläumsmarsch

Reto Aeppli, seit zweieinhalb Jahren Dirigent des Musikvereins Eintracht Wallisellen, hat für den Verein zum 125-Jahre-Jubiläum einen grossartigen Konzertmarsch komponiert.

 

In unserer romantischen Vorstellung sitzt du wohl beim Komponieren eines Musikstücks wie Mozart am Klavier und schreibst auf handgeschöpftem Linienpapier bei Kerzenschein mit Feder und Tinte die Noten aufs Blatt… Reto, wie komponiert man heutzutage einen Marsch?

Tatsächlich ist diese romantische Vorstellung gar nicht weit weg von der Realität, auch wenn aus dem Flügel ein MIDI-Keyboard und aus dem Notenpapier und der Tinte ein digitales Notensatzprogramm mit Bildschirm, Maus und Tastatur geworden sind. Die digitale Unterstützung hat den Vorteil, dass man nicht nur schnell falsch gesetzte Noten wieder löschen und im «Copy-Paste»-Verfahren Phrasen auf verschiedene Instrumentengruppen verteilen, sondern sich das Geschriebene in Echtzeit auch vorspielen lassen kann. Dank moderner Klangdatenbanken lässt sich im Arbeitszimmer ein ganzes Symphonieorchester simulieren. Was aber gleich blieb wie zu Mozarts Zeiten, ist, dass die Melodien aus der Vorstellung des Komponisten kommen müssen, da hilft der Computer leider noch nicht.

Was für Mozart die Sonaten waren, sind für moderne Blasorchester-Komponisten die Märsche. Wie eine Sonate hat auch ein Marsch ein definiertes Schema, welches immer erhalten bleiben sollte, da es sich sonst (meiner Meinung nach) ganz einfach nicht mehr um einen Marsch handelt. Teil A gibt das «Thema» des Marsches vor, in Teil B gibt es ein «Basssolo» und der Teil C (auch Trio genannt), dient dazu einen klanglichen Gegenpol, beziehungsweise ein zweites Thema einzuführen. Dann setzt man zwischen jeden Teil ein Wiederholungszeichen und voilà, ein neuer Marsch ist entstanden.

 

Was war deine Idee hinter dem Jubiläumsmarsch?

Ich hatte schon lange das Bedürfnis, mich mal wieder an eine Komposition zu wagen. Als ich dann von dem Jubiläumsprojekt der Eintracht hörte, dachte ich mir, dass dies doch der richtige Anlass wäre, um einen Marsch zu komponieren. Um den Marsch typisch «Wallisellerisch» zu machen, habe ich im Trio das Lied «A zelle Bölle schelle, d Chatz gaht uf Walliselle» verarbeitet. Beziehungsweise die Melodie, welche ich damals in der Schule gelernt habe. Wie ich dann später vernommen habe, kennen leider nicht alle  Walliseller das Sprüchlein als Lied. Für die oben genannten Teile A und B habe ich mir zuerst eine harmonische Grundstruktur überlegt und basierend darauf am Klavier eine Melodie geschrieben.

 

Der Walliseller Jubiläumsmarsch ist ein Konzertmarsch. Was unterscheidet ihn von einem «normalen» Marsch?

Es gibt keine definierten Grenzen, wo ein Konzertmarsch anfängt und ein «normaler» Marsch aufhört. Generell lässt sich sagen, dass Konzertmärsche extra für ein Saalkonzert geschrieben werden und sich der Komponist demnach erlaubt auch schwierigere oder aussergewöhnliche Passagen einzubauen. Dies kann von einem eingeschobenen 3/4tel, über hohes Tempo bis zu speziellen, vorgeschriebenen Instrumenten (zum Beispiel ein Alphorn) reichen. All dies hat mein Marsch nicht, und ich betitele ihn eigentlich auch nicht als Konzertmarsch, da er problemlos (bei genügendem Können der Musikanten) auch auf einer Marschmusikstrecke vorgetragen werden könnte. Ich habe jedoch darauf geachtet, dass mein Marsch interessant instrumentalisiert ist, was nicht unbedingt dem Standard eines 08/15-Marsches entspricht. Was meinen Marsch besonders macht ist einzig und allein die Tatsache, dass er dem Musikverein Eintracht Wallisellen gewidmet ist und für einen speziellen Anlass (das 125-jährige Jubiläum) komponiert wurde.

 

Was ist für dich persönlich das Highlight des Stücks?

Ich bin persönlich sehr stolz auf das Basssolo. Die Melodie für die tiefen Instrumente wieder spiegelt genau diejenige Kraft, Ernsthaftigkeit, ja schon fast Bösartigkeit, welche ich mir für solch ein Basssolo vorstelle. Generell bin ich äusserst zufrieden mit dem Marsch und habe schon fast die Befürchtung, dass ich diese Arbeit gar nicht mehr übertreffen kann.

 

Wie kannst du für alle Instrumente die richtige Stimmlage, Tonfolge und Rhythmik finden?

Es gibt da eine moderne Tätigkeit, welche sich «googeln» nennt! Nein, Spass beiseite, jedes Instrument lässt sich in eine bestimmte Stimmlage einordnen, welche dann auch jeweils eine bestimmte Funktion in einem Marsch einnimmt. So sind typischerweise Trompeten und Klarinetten dafür zuständig die Melodie zu spielen (Sopran); Tenorsaxofon und Euphonium liefern die sogenannte «Gegenmelodie» (Tenor); Tuba, tiefes Holz, Hörner und Perkussion bilden die «Rhythm-Section», und spielen, verallgemeinert, das allweit bekannte «Um-Tza-Um-Tza». Was den Tonumfang der einzelnen Instrumente angeht, so helfen auch hier die digitalen Methoden, da mein Notensatzprogramm sofort eine Note in rot markiert, sollte sie sich ausserhalb des typischen Tonumfangs eines bestimmten Instruments befinden. Wenn man diese Basics beherrscht, so sind einem alle Tore offen und Grenzen werden nur von der eigenen Kreativität gesetzt.

 

Was treibt deine schöpferische Kraft und deinen musikalischen Ideenreichtum beim Komponieren an?

Ich brauche oft lange, bis ich erste Resultate beim Komponieren vorzeigen kann. Oft kommt man aber nach ca. einer Stunde in einen «Flow» und die musikalischen Ideen scheinen einfach nur so zu sprudeln. Es ist wichtig, sich in diesem Moment nicht unterbrechen zu lassen, da dann die Gefahr besteht, mental nochmals von vorne anfangen zu müssen. Und es ist leider so, die besten Ideen verschwinden genau so schnell wie sie gekommen sind, weshalb es wichtig ist, alles sofort aufzuschreiben. Was bei mir persönlich auch immer hilft, ist, wenn ich mir selber Druck aufbaue, in dem ich mir eine Deadline setze. Dann sage ich mir zum Beispiel «Du musst dieses Wochenende noch mit der harmonischen Begleitung für das Basssolo fertig werden!».

 

Wo kann man deinen Marsch hören?

Bis jetzt gibt es keine Aufnahme von dem Marsch. Er wird jedoch von uns an all unseren Konzerten und Ständchen in der Jubiläumssaison gespielt. Wenn aber die Nachfrage da wäre, lässt sich die digitale Version von meinem
Notensatzprogramm auf unserer Website aufschalten, wo sich dann alle Interessierten meinen Marsch anhören können.

 

Wirst du, wie Mozart, als grosser Komponist in die Geschichte eingehen, oder sind deine musikalischen Ziele anderer Natur?

In die Weltgeschichte werde ich sicher nicht eingehen. Ich hoffe aber, dass ich mich mit diesem Marsch zumindest in der Eintracht Wallisellen bereits jetzt unsterblich gemacht habe, und dass er dann in 75 Jahren, wenn man das 200-Jahre Jubiläum feiert, wieder den Weg aus den verstaubten Archiven auf die Notenständer (oder was man bis dann benutzen wird) und die Ohren der Zuhörer findet. Ich bin Hobbymusiker, und habe mir dies ganz bewusst nicht zum Beruf gemacht. Meine musikalischen Ziele sind, dass ich ein Leben lang Freude haben kann an meiner musikalischen Tätigkeit, sei es als Dirigent, Schlagzeuger, Bassist, Sänger, oder eben, Komponist und dass ich stolz sein kann auf meine Werke, wenn sie den Musikanten und Zuhörern gefallen.